Bald vier Jahre ist es her, dass das Onlinezugangsgesetz (OZG) in Kraft getreten ist und seitdem versuchen auch unsere Hochschulen in Deutschland die gesetzlichen Anforderungen umzusetzen und ihre Verwaltungsleistungen zu digitalisieren. Damit dies besser gelingen kann, hat sich im Jahr 2019 die Initiative „XHochschule" gegründet. Welche Idee die XHochschule verfolgt und wer genau dahintersteckt, zeigen wir in diesem Artikel.
Wer ist XHochschule?
XHochschule, im internationalen Umfeld auch XHEIE (XHigherEducationInsitutionExchange) genannt, ist eine Initiative, an der mittlerweile bereits über 100 Akteure aus verschiedenen Bereichen mitarbeiten. Während das Land Sachsen-Anhalt die Federführung des Projekts innehat, kümmert sich die Aktiengesellschaft init AG um die Organisation der IT-Projekte und wird dabei in fachlichen Fragen von dem internationalen Beratungsunternehmen cap gemini unterstützt. Bei den regelmäßigen Treffen, die wegen der Corona-Krise bisher nur online stattfinden, kommen neben verschiedenen Hochschulen auch andere Bildungsinstitutionen wie zum Beispiel die Stiftung für Hochschulzulassung und die Kultusministerkonferenz (KMK) zusammen. Auch weitere Organisationen, wie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. und der Hochschulverband German U15 e.V. sowie verschiedene Campus Management Software Hersteller, wirken als Multiplikatoren an den Projekten mit. Sowohl die Wissenschaftsministerien einzelner Länder als auch verschiedene Hochschulgremien sind ebenfalls in die Dokumentation des Projekts mit eingebunden.
Was macht die XHochschule?
Zusammen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und der Förderalen IT-Kooperation (FITKO) hat der IT-Planungsrat einen sogenannten Umsetzungskatalog erstellt, der die Anforderungen des OZG in 575 Verwaltungsleistungen aufteilt. Diese sind wiederum in 50 sogenannte Lebens- bzw. Geschäftslagen unterteilt, die sich wiederum in 14 verschiedene Themenfelder eingruppieren lassen.
Eines dieser Felder bildet das Thema Bildung, worunter z.B. die Lebenslage Hochschulbildung fällt. Jede der 575 OZG-Leistungen umfasst außerdem eine bestimmte Anzahl von sogenannten „LeiKas" (Leistungskataloge der Verwaltung), also verschiedenen Zusammenfassungen von Anforderungen, die eine digitale Leistung erfüllen muss. Jeder OZG-Leistung kann man eine unterschiedliche Zahl dieser LeiKas zuordnen. So hat die OZG-Leistung „Bildungsabschlüsse" z.B. 14 LeiKas, wie beispielsweise das Hochschulabschlusszeugnis, das juristische Staatsexamen und die Schulzeugnis-Ausstellung, während z.B. der OZG-Leistung „Bildungszugang" gleich 82 verschiedene LeiKas zugeordnet werden können, wie beispielsweise die Immatrikulationsbescheinigung oder die Studienbeitragserhebung.
Aus allen Leistungen des Themenfeldes Bildung hat die XHochschule insgesamt sieben Umsetzungsprojekte definiert, die sie verfolgen wollen, um die Hochschulen dabei zu unterstützen, die OZG-Anforderungen bis Ende 2022 umzusetzen. Das größte Projekt, das die XHochschule definiert hat, heißt „Bildungsjourney" und umfasst alle LeiKas, die Hochschulen betreffen. Zur Orientierung bei der Umsetzung dient das vom BMI aufgestellte „OZG-Reifegradmodell". Dieses besteht aus fünf Stufen und beschreibt den Status Quo einer einzelnen digitalisierten Verwaltungsleistung. Dabei beschreibt die Stufe 0 beispielsweise, dass noch keine Information online verfügbar ist und die Stufe 4 dagegen, dass die sogenannte Once-Only-Beantragung, also die einmalige Übermittlung der eigenen Daten zur Inanspruchnahme von mehreren digitalen Verwaltungsdienstleistungen, online möglich ist und dabei Daten und Nachweise aus den Registern der Verwaltungen digital abgerufen werden können.
Jetzt könnte man denken, dass es genügen würde, wenn jedes einzelne Dokument einfach in digitaler Form zur Verfügung stehen würde. Aber so einfach ist dies leider nicht, da die Dokumente wie z.B. das Transcript of Records und das Hochschulzeugnis einerseits miteinander verbunden sind und es andererseits auch sinnvoll wäre, nicht nur die Erstellung der Dokumente an der einen Hochschule zu digitalisieren, sondern auch die Annahme und Weiterverarbeitung der Dokumente an der nächsten Hochschule digital zu ermöglichen, und das nicht nur deutschlandweit, sondern bestenfalls weltweit. „Wir haben gemerkt, dass wir international denken müssen, und dass wir bei der OZG-Umsetzung nicht an den Ländergrenzen Halt machen dürfen, denn Bildung ist nun mal grenzübergreifend", stellt Frau Katrin Hauenschild, Mitarbeiterin des Referats OZG / Portalverbund, Geschäftsstellen Föderales Informationsmanagement (FIM) und Behördenfinder Deutschland (BFD) vom Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalts fest.
Damit der problemlose Austausch von Studiendaten also möglich wird, bedarf es verschiedener Schnittstellen, die zudem einem einheitlichen Standard unterliegen. Und da aktuell kein technikneutraler Standard im deutschen bzw. internationalen Hochschulwesen vorhanden ist, hat es sich die XHochschule zur Aufgabe gemacht, die erforderliche Interoperabilität für den Austausch von Daten im Hochschulwesen herzustellen, damit die Hochschulen ihre Verwaltungsleistungen in Zukunft digital und medienbruchfrei abwickeln und damit die Anforderungen des OZG umsetzen können. Deswegen treffen sich die einzelnen Arbeitsgruppen der XHochschule, um einen Standard zu entwickeln, der für alle gültig sein kann. „Eine ganz große Herausforderung ist es, alle zu erreichen. Deswegen freuen wir uns auch immer, wenn wir zu solchen Veranstaltungen wie dem Workshop Hochschuldigitalisierung 2021 der Simovative GmbH eingeladen werden. Uns ist es sehr wichtig, dass sich Hochschulen an dem Projekt beteiligen und hierbei einbringen, weil das Projekt natürlich davon lebt, dass wir eine breite Beteiligung und eine hohe Transparenz haben, und es sollen alle mitwirken können, die möchten", äußert Frau Hauenschild unserer Redaktion gegenüber.
Welche Ergebnisse hat die XHochschule schon erzielt?
Ausgehend von den oben beschriebenen Projektpaketen, wurde im April 2021 die Spezifikation VO.4 veröffentlicht, die nun mit der Europass-Version von Februar kompatibel ist und für die die enthaltenen Wertelisten mit den DESTATIS Hochschulstatistikschlüsseln 12/20 abgeglichen wurden. Außerdem enthält die Version VO.4 den neuesten Stand des Single Digital Gateway- (SDG) -Datenmodells Diploma. Insgesamt möchte die XHochschule die SDG-Thematik weiter vorantreiben und bringt sich deswegen in diesem Bereich aktiv ein. „Das Thema SDG ist leider noch nicht so präsent in Deutschland. Deswegen haben wir uns als XHochschule vorgenommen, dass wir dieses Thema in unserer Arbeit berücksichtigen wollen. Es ist wesentlich, dass die Schnittstellen von vorneherein so konzipiert werden, dass sie auch im europäischen und zukünftig auch im internationalen Austausch der Hochschuldaten funktionieren. Wir wollen in diesem Thema Vorreiter sein, damit sich Deutschland in diesem Bereich auch positionieren kann", betont Frau Hauenschild. Neben dem SDG, das mit dem Projekt „Your Europe" eine Plattform schaffen möchte, um die Interoperabilität des europäischen Datenaustausches sicherzustellen, ist die XHochschule ebenfalls eng mit der Plattform für Internationale Studienmobilität (PIM) verknüpft.
Das PIM ist eine Initiative, die sich für die internationale Anerkennung von Prüfungsleistungen engagiert. „Wir haben eine hohe Mobilität bei den Lernenden in Europa und auch das müssen wir einfach berücksichtigen", bekräftigt Frau Hauenschild und lobt die gute Zusammenarbeit mit dem PIM.
Welche Ziele hat die XHochschule in der Zukunft?
Während weiterhin kontinuierlich die Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung eingearbeitet werden, sollen bis Ende Juli 2021 die 6.000 LeiKas so überarbeitet werden, dass sie konkrete Vorgaben für die jeweilige Umsetzung machen. In Zukunft sollen zudem neben dem Diploma Supplement auch weitere Dokumente, wie die Immatrikulationsbescheinigung, ergänzt werden. Außerdem soll der internationale Standard ELMO für das Transcript of Records eingebunden werden. Bis Ende des Jahres 2022 sollen außerdem Dokumente fertig gestellt werden, die die XHochschule an die Hochschulen geben möchte, damit diese sehen können, ob ihre einzelnen Teilleistungen schon OZG-konform sind oder nicht, bzw. um festzustellen, was ihnen noch fehlt. Gute digitale Lösungen sollen an den Hochschulen selbstverständlich beibehalten werden. Aber genau für diese Rückmeldungen sei es eben wichtig, dass sich auch Hochschulen aktiv an dem Projekt beteiligen.
Wer kann bei der XHochschule mitmachen?
Im Prinzip kann jeder mitmachen, der Interesse an dem Projekt hat. Ganz besonders angewiesen ist die Initiative XHochschule natürlich auf die Mitarbeit von Campus Management Software-Herstellern sowie auf die Rückmeldungen der einzelnen Hochschulen, da eben genau diese beiden Institutionen den besten fachlichen Input liefern können, den sie dann auch wieder weiter in ihre eigenen Entwicklungen integrieren können. „Dabei läuft das Engagement auf freiwilliger Basis und es gibt keine Vorgaben, wie viele Stunden man in die Mitarbeit an der XHochschule investieren muss", betont Frau Hauenschild. Wer sich an dem Projekt beteiligen möchte, kann sich einfach direkt über die Website der XHochschule registrieren. Danach bekommt man nicht nur die Einladungen zu den regelmäßigen Webmeetings, sondern auch den Zugriff auf die aktuelle Projektdokumentation. „Danach können die Teilnehmer ganz flexibel entscheiden, ob sie an einem Treffen oder an mehreren teilnehmen wollen, mit wie vielen Leuten sie aus ihrem Team teilnehmen wollen, an welchen Themen sie sich beteiligen wollen und an welchen eher nicht", erklärt Frau Hauenschild.
Wir bedanken uns an dieser Stelle bei Frau Hauenschild für die ausführlichen Informationen zum Thema XHochschule und unterstützen Interessierte gerne bei der Vernetzung. Den gesamten Vortrag aus unserem Workshop können Sie in folgendem Video nachsehen.